EEG, Grüne Energie und die Folgen

Die folgenden Betrachtungen sind von mir privat angestellt, sie haben keinen Bezug zu meiner  Firma oder spiegeln gar die Meinung dieser wieder. Das Folgende ist also eine wirklich rein private Betrachtung.

Durch meine Interessen und meine Arbeit habe ich seit 2005 regelmässig Kontakt zum Thema Windenergie. Seit 2010 stellt Windenergie und Fledermäuse einen hohen Anteil meiner Arbeit dar.

Die Medien, NGOs aus dem Umweltschutz und Stromkonzerne nutzen heute sehr gerne den Begriff Grüne Energie, wenn es um eine Abgrenzung zur fossilen oder atomaren Energiegewinnung geht. Firmen nennen sich Green Energy *** oder ähnlich. Darf Grün so verwendet werden und welche Intentionen gibt es. Auf Grund meiner Erfahrungen spreche ich dabei nicht für alle nachhaltigen Energiequellen, sondern werde mich auf die Windkraft beschränken, da ich das Umfeld am besten kenne. Diese Überlegungen sind dennoch auch auf andere Energiebereiche erweiterbar.

Was versteht man unter "Grüner Energie"?

Laut Wikipedia versteht man darunter Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen. Das heisst, Energiequellen die durch Kernfusion, Sonne oder Gezeitenkraft Stromerzeugung ermöglichen. "Grün" ergibt sich in diesem Zusammenhang daraus, dass keine fossilen Brennstoffe verbraucht werden respektive - genauer - dass keine endlichen Energieträger benötigt werden und somit nachhaltig Energie erzeugt wird. Gleichzeitig wird der CO2-Ausstoss verringert. Daher ist es korrekt, von Nachhaltiger Energie zu sprechen.

Der Marketingsprech der Stromerzeuger, ebenso wie die Politik nutzen dennoch gerne Grün, wie man mit Google leicht herausfindet. Grün wird mit gut gleichgesetzt. Grün ist der Kontrapunkt zu bösem Atom- oder Kohlestrom. Wer etwas Grünes verkauft, tut Gutes. Der Grüne Strom hilft der Menschheit zu überleben und schützt unsere Erde. Durch die Verwendung des Begriffs wird also die eigene Tätigkeit stark positiv überladen. Dass es dabei für zahlreiche Firmen einzig um Wirtschaftlichkeit und Renditenmaximierung geht, wird so kaschiert. Manch einer zieht sich den grünen Deckmantel über, um staatliche Förderung einzustreichen. Sollen dann grüne Ziele eingehalten werden, geschieht dies manchmal nur sehr selektiv und grüne Konfliktbereiche werden ignoriert.

Ist "Nachhaltige Energie" automatisch Grün?

Ist denn diese grüne positive Überladung wirklich korrekt? Ist die nachhaltige Energiegewinnung so grün? Dazu muss man sich verdeutlichen, wie "Grün" definiert ist. Zum einen ist es ein Farbe im Wellenlängenbereich von 520 bis 565 nm. Strom selber hat keine Farbe. Es geht hier um Grün als Symbol für Natur- und Umweltschutz. Es gibt eine Partei, die weltweit aktiv ist und in der Bevölkerung auch als Umweltschützer und Ökos betrachtet wird. Darüber hinaus wurde die Bedeutung dieser Farbe auch um Nachhaltigkeit und Menschenrechte erweitert.

Nach dieser erweiterten Definition ist Nachhaltige Energiegewinnung auch grün. Aber reicht Nachhaltigkeit aus, oder ist dies nur bedingt grün - hellgrün vielleicht? Eine herkömmliche Energiequelle ist Braunkohle, mit ihr wird neben Atomenergie ein großer Anteil Strom weltweit erzeugt. Die Folgen für Mensch, Umwelt und Natur sind bedingt durch den Abbau und die Abgase bei der Verbrennung katastrophal (https://www.greenpeace.de/themen/energiewende/fossile-energien/kohle). Diese Energiegewinnung erfüllt keines der Kriterien der Definition von Grün. Windkraft, eine der momentan sehr dominierenden neuen Energiequellen, erfüllt per se das Kriterium Nachhaltig. Werden Kohlekraftwerke durch Windkraftwerke ersetzt, wird die Umweltbelastung reduziert, im weiteren Sinne wird also auch die Umwelt geschützt. Eine WEA für sich schützt die Umwelt jedoch nicht zwingend.

Umweltschutz und Naturschutz

Wenn es um den Schutz der Erde geht, dann wird umgangssprachlich häufig Umwelt- und Naturschutz gleich gesetzt. Zwar überlappen beide in ihren Zielen und sind daher von einander nicht unabhängig, jedoch weisen sie auch Unterschiede auf. Der Umweltschutz bezieht sich primär auf den Schutz des menschlichen Lebensumfeldes (siehe Wikipedia). Typische Schutzgüter sind zum Beispiel Luft, Wasser und Boden. Ein moderner Teilaspekt ist der Klimaschutz, der sich mit dem Problem der globalen Erwärmung beschäftigt. Der Naturschutz hat das Ziel die Landschaft, die Vielfalt an Lebensräumen und die Vielfalt an Arten als Lebensgrundlage des Menschen zu erhalten. Damit kann auch von Biotop- und Artenschutz gesprochen werden (Wikipedia). Es geht beim Naturschutz also um den Erhalt eines natürlichen Lebensraums mit all seinen Bewohnern. Somit sind auch die Überschneidung von Umwelt- und Artenschutz klar. 

Erneuerbare Energien und Umweltschutz

Die erneuerbaren Energien stellen ein Werkzeug des Umwelt- und Klimaschutzes dar. Durch ihre Nutzung werden fossile Energieträger ersetzt und somit der Anstieg der globalen Erwärmung reduziert. Auch schädliche Emissionen in Luft und Wasser fallen weg. Daher ist die Nutzung nachhaltiger Energiequellen ein wichtiger Baustein des modernen Umweltschutzes.
Natürlich darf nicht vergessen werden, dass durch die Produktion solcher moderner Kraftwerke auch wieder CO2 ausgestossen wird und teils seltene Rohstoffe gefördert werden müssen. Dennoch ist die Bilanz der erneuerbaren Energiegewinnung positiv, vor allem im Vergleich zu fossilen Energiequellen.

Erneuerbare Energien und Naturschutz

Im Bereich Naturschutz zeigen sich Konflikte vor allem mit der erneuerbaren Energieform Wind. Für die anderen erneuerbaren Energieformen ist das Verhältnis zum Naturschutz noch nicht untersucht. Im Falle der Windenergie haben sich teils sehr starke Konflikte mit dem Artenschutz gezeigt. Dabei gibt es drei grundlegende Konflikte: Bau-/Standortbedingte Verluste von Lebensräumen, Standortbedingte Barrierewirkung sowie die Betriebsbedingte Tötung von Lebewesen.

Am leichtesten zu lösen sind Bau-/Standortbedingte Verluste von Lebensräumen. Ein Windrad per se führt in der Regel nicht  zum Verlust eines Lebensraums. Einzig wenn für den Bau Wald gerodet wird, ergeben sich Probleme mit dem Naturschutz. Diese sind sehr leicht zu lösen, es wird der Bau auf einen Nicht-Wald-Standort verlegt. In Bundesländern mit hohem Waldanteil geschieht es dennoch häufig, dass Waldbestände für Windräder geopfert werden.

Die Barrierewirkung von Windrädern ist nur sehr schwer zu untersuchen. Es zeigt sich aber wohl dass insbesondere Zugvögel den Windrädern ausweichen. Dazu müssen sie denn teils große Umwege fliegen oder erreichen ihre traditionellen Rastgebiete nicht mehr. Es mangelt momentan aber noch an Untersuchungen, in wie weit sich dies durch zum Beispiel erhöhten Energiebedarf auf die Sterblichkeitsrate auswirkt.

Betriebsbedingte Konflikte ergeben sich durch den Schlag von Vögeln und Fledermäusen. Fliegende Tiere geraten in den drehenden Rotor einer Windenergieanlage und werden durch den Flügel entweder direkt getroffen (Schlag) oder durch Luftdruckschwankungen im Rotorbereich lebensbedrohlich verletzt (Barotrauma). In beiden Fällen führt dies zum Tod des betroffenen Tieres. Eine einfache Lösung dieses Problems ist es, den Betrieb des Windrads in Zeiten einzustellen, in denen diese Schlagopfer sehr wahrscheinlich sind. Damit einher geht jedoch dann auch eine verminderte Energiegewinnung.

Werden die genannten Konflikte gelöst, dann kann auch von grüner Energie im Sinne des Naturschutzes gesprochen werden.

Nachhaltig und Grün in der Praxis?

Wäre jetzt die in Deutschland realisierte Windkraft wirklich grün, dann wäre dieser gesamte Text eigentlich überflüssig. Im Rahmen des Genehmigungsprozesses von WEA werden - leider nur manchmal - die Auswirkungen auf die Natur geprüft. In Abhängigkeit des Ergebnisses kann es zu Natur/Artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen in der Genehmigung kommen.

Fachgutachten mit methodischen Unzulänglichkeiten oder fachlich nicht unterstützbaren Aussagen sind dabei keine Seltenheit. Ein kleines Beispiel inklusive der Analyse durch einen anerkannten Experten zeigt dies. Zahlreiche Gutachten, die mir zur unabhängigen Prüfung von Behörden gesendet wurden, weisen ebensolche Nachlässigkeiten auf.  Juristische Winkelzüge, Druck, und Glück führen dazu, dass es häufig keine oder nur minimale Auflagen gibt. Insbesondere auf rechtlichem Weg gibt es diverse Möglichkeiten, dies zu erwirken.

Da bei einer solchen Genehmigung der Naturschutz nicht ausreichend berücksichtigt wird, muss in diesem Moment das Attribut Grün eigentlich entfernt werden. Als Stromerzeuger dann die Grüne Fahne vorne weg zu tragen und den Bürgern vom grünen Strom zu erzählen, ist eine klare Masche um den eigenen Gewinn zu steigern.

In der Praxis ist eine nachhaltige Windenergieanlage erst dann grün, wenn durch Standort und Betrieb keine negativen Auswirkungen auf die vorhandenen Arten bestehen.

Nachhaltig und Wirtschaftlich

Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird gefördert durch den Bund (Stichwort EEG). Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, sollen daher die verschiedenen erneuerbaren Energieerzeuger ausgebaut werden. Für die Windkraft beträgt diese Förderungen in Form von festen Abnahmevergütungen maximal beinahe 9ct je KW/h (Endvergütung beinahe 5ct). So soll ein Anreiz geschaffen werden, Windenergiekraftwerke zu installieren. Eine große Novellierung, die ab 2017 greift, wird grundlegende Änderungen mit sich bringen. Das hat zur Folge, dass bis 2017 möglichst viele Betreiber schnell zur Genehmigung nach alter Förderung kommen wollen. Das ist menschlich verständlich, aber die Folgen können für die Natur katastrophal sein. Denn selbst in Reihen der Politik möchte man Genehmigungen schnell umsetzen lassen. Gemeinde und Städte, die vom Bau von WEAs finanziell direkt profitieren, wollen keine Zeit verlieren. So sollen mit genehmigten Standorten die Betreiber angelockt werden. Gerade Politiker der Grünen treiben plötzlich vehement, was zu fragwürdigen Ergebnissen führt. Denn selbst Standorte, die sich ab 2017 wirtschaftlich nicht mehr rentieren, sollen realisiert werden. Beispiele kenne ich hierfür zahlreiche, und eines ist öffentlich zu finden. Das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen, da es aus meiner aktuellen Heimat Münster stammt (rote Hervorhebung durch mich):

Anfang 2017 ändern sich gemäß EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) die Förderbestimmungen für die Vergütung eingespeisten Windstroms. Die finanzielle Förderung und ihre Höhe sollen für Strom aus erneuerbaren Energien dann durch Ausschreibungen ermittelt werden. Da damit zum heutigen Zeitpunkt die Wirtschaftlichkeit möglicher Windenergieanlagen nicht verlässlich ermittelt werden kann bzw. zu befürchten ist, dass eine Wirtschaftlichkeit dann möglicherweise nicht mehr gegeben ist, haben sowohl die Stadtwerke Münster, die weitere Anlagen im Stadtgebiet errichten möchten, als auch weitere private Eigentümer mit Errichtungsabsichten ein großes Interesse dar- an, dass das Verfahren zur 65. Änderung des Flächennutzungsplanes bis dahin abgeschlossen ist und die Windenergieanlagen bis spätestens Ende 2016 genehmigt sind. 
Vor diesem Hintergrund ist der Zeitplan zur 65. Änderung des Flächennutzungsplanes zur Neudarstellung von Windkonzentrationszonen sehr eng. Nur bei einer sehr zügigen verwaltungsseitigen Bearbeitung und zielgerichteter politischer Beratung in den zuständigen Gremien ist er überhaupt einzuhalten.  

(Quelle: http://www.muenster.de/stadt/stadtplanung/pdf/61_beschluss_vorlage__0017-2015.pdf , Seite 5 Abschnitt Zeitplanung)

Hier wurden aktuell bereits drei WEA sehr fragwürdig genehmigt. Ich hatte Einsicht in Gutachten und Genehmigung und konnte eklatante fachliche Mängel feststellen. Jetzt soll beschleunigt werden, was sich in der Regel negativ auswirkt auf den Artenschutz. Diese Beschleunigung wird begründet damit, dass die Wirtschaftlichkeit unter Umständen nicht mehr gewährleistet ist. Was unter zielgerichteter politischer Beratung zu verstehen ist, möchte ich gar nicht wissen.

Das hat in meinen Augen nun überhaupt nichts mit Nachhaltigkeit und Grün zu tun.  Die Bundesregierung sollt eher dringend nachbessern - zum Wohle der Bürger und der Natur.

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